Website-Icon The arena swimming blog

Der Hypnose-Effekt – Marco Koch legt den Fokus auf Rio

LEN European Championships Netanya 2015

Marco Koch mag Abwechslung und probiert gerne Neues aus – sowohl im Training als auch im Leben. Nachdem er in seinem Verein einen Vortrag von Hypnose-Therapeutin Simone Lücke gehört hatte, entschied er sich dafür, dem Ganzen mal eine Chance zu geben. Seit diesem Entschluss, Ende 2013, lässt er sich etwa einmal im Monat von ihr in Hypnose versetzen und wenn man seine jüngsten Erfolge als Maßstab nehmen mag, so war diese Entscheidung ein Geniestreich. 2015 war sein bestes Jahr überhaupt: Er holte in Kazan seinen ersten Weltmeistertitel über 200m Brust und durfte bei der EM in Israel einen 100/200m Doppelsieg feiern.

“Wenn man gegen die besten Schwimmer der Welt antritt, weiß man, dass alle sehr hart trainieren. Jedes kleine Bisschen kann da den entscheidenden Unterschied machen”, sagt er. “Hypnose hat mir geholfen, zu entspannen, und das gute Gefühl, dass ich beim Training habe, auch während des Wettkampfes zu spüren. Ich habe es sogar für technische Dinge genutzt, zum Beispiel für die Phase kurz vor und während der Wende.”

Wie genau kann Hypnose Schwimmern helfen? Indem das Unterbewusstsein angesprochen wird. “Das Sein ist wie ein Eisberg”, sagt Simone, “das Bewusstsein ist wie die Spitze des Bergs, also die 10% über der Wasseroberfläche, im Verhältnis zu den übrigen 90% unter der Oberfläche. Die 90% sind das Unterbewusstsein und dort finden wir unser wahres Selbst. Wenn wir das Unterbewusstsein durch Hypnose ansprechen, können wir die Grenzen aufheben, die wir durch gelerntes Verhalten in unserem Bewusstsein geschaffen haben und positive Verhaltensweisen fördern, wo wir sie brauchen.”

Diese Art Trance, in die man bei der Hypnose versetzt wird, ist uns viel geläufiger als wir vielleicht denken. Wenn wir zum Beispiel ein Buch lesen oder einen Film schauen, können wir störenden Lärm und andere Reize ausblenden – man konzentriert sich auf eine Sache und begibt sich so in eine Art Trance. Sich in einen solchen Zustand zu versetzen, kann helfen, zu entspannen oder sich zu konzentrieren – zum Beispiel vor einem Wettkampf.

Diese mentale Fähigkeit zu trainieren ist eine von drei Arten der Hypnose, die bei Schwimmern angewandt werden können. Es geht sogar noch weiter als nur andere Dinge auszublenden – es festigt den Glauben an die eigenen Fähigkeiten. Der Schwimmer findet zu sich selbst und lernt, den „Mann mit dem Hammer“ zu ignorieren, wenn dieser seinem Bewusstsein mal wieder einzureden versucht, dass nichts mehr geht.

Entspannung ist natürlich ein weiterer großer Vorteil. Weniger offensichtlich als das ist jedoch, wie Hypnose bei technischen Dingen helfen kann. Durch Visualisieren der Abläufe eines perfekten Schwimmzugs im Unterbewusstsein kann man die Leistung verbessern, „Energie sparen“, den Körper schneller in die Regenerationsphase versetzen und Verletzungen vorbeugen.

Was auch gut ist: Marco kann sich selbst in Hypnose versetzen, wenn er es braucht: “Ich nutze auch die Selbst-Hypnose, wenn ich nicht viel Zeit habe, aber entspannen muss, mir den Wettkampf bildlich vorstellen möchte oder in positive Stimmung kommen möchte”

Hypnose allein macht natürlich noch keinen Weltmeister und für Marco ist das Training immer noch das Wichtigste. “Ich habe seit 2009 mit Sportpsychologie gearbeitet und 2013 begonnen, mich mehr auf meine Ernährung zu konzentrieren, nachdem ein Bluttest ergab, dass ich auf 78 verschiedene Nahrungsmittel sensibel reagiere.” Marco hat alle 78 von seinem Speiseplan verbannt, einschließlich Produkte mit Gluten, Eiern und Milch. Die Ergebnisse sprachen für sich – jetzt hat er wieder mehr Energie und nachdem sein Körper nun wieder im Gleichgewicht ist, hat er sogar begonnen, ein paar dieser Nahrungsmittel wiedereinzuführen,

Für 2016 möchte Marco seinen Wettkampf-Kalender etwas ausdünnen, damit er sich auf das Training für die Olympischen Spiele konzentrieren kann. Gerade war er aber bei der FFN Golden Tour erfolgreich und wird auch an der Euro Meet in Luxemburg sowie gleich darauf an den Euros in London im Mai teilnehmen. Wer weiß – je näher Rio rückt verbringt er vielleicht auch mehr Zeit mit Simone, um schon mal zu visualisieren, wie er auf dem Siegertreppchen steht…

Duncan Campbell

—————