Angesichts der derzeitigen Situation erwägen viele Schwimmer, mehr in offenen Gewässern zu trainieren (oder mit dem Training zu beginnen). Hier sind einige Tipps dazu von Fabrizio Antonelli, dem Trainer von Gregorio Paltrinieri.
Wenn es um die Technik geht, ist Kraulen der bevorzugte Schwimmstil, weil es im Vergleich zu anderen Stilen einfach bei jeder Geschwindigkeit weniger Energie verbraucht. Daher sollte man einen besonderen Fokus auf seine Kraultechnik legen.
Generell eine interessante Herausforderung am Schwimmen in freien Gewässern ist meiner Meinung nach, wie wir unseren Schwimmzug an die wechselnden Bedingungen anpassen können, denen wir begegnen.
Dabei handelt es sich um einen Schlüsselfaktor sowohl für Spitzenschwimmer als auch für Amateure, die sich zum ersten Mal ins offene Wasser wagen, denn die Wetter-/Wasserbedingungen können sich jederzeit ändern: Um deinen Schwimmzug unter diesen Bedingungen richtig beherrschen und kontrollieren zu können, sowohl in Bezug auf „technische Anpassungen“ zur Verstärkung oder Verlängerung der Züge als hinsichtlich der Koordination, musst du daher effektiv an deinen propriozeptiven Fähigkeiten arbeiten. Es ist jedenfalls vorteilhaft deinen Schwimmzug an die Bedingungen im Meer/im Freiwasser anzupassen, wo du Wettkämpfe schwimmst oder trainierst.
Auch wenn du den gleichen Stil, nämlich Kraulen, schwimmst, können Änderungen in der Koordination – die Beschleunigung/Verlangsamung deines Beinschlages oder die Änderung deiner Schlagfrequenz – bereits einen wirklichen Unterschied machen.
Der wichtigste Faktor auch aus mentaler Sicht besteht denke ich, wie schon zuvor erwähnt darin, zu lernen, wie man sich an verschiedene Situationen anpassen kann: So kannst du besser mit unterschiedlichen Wetter-, See- und Windbedingungen oder unterschiedlichen Strömungen während eines Wettkampfes umgehen. Je umfangreicher wir in diese Richtung vorbereitet sind, desto besser werden wir uns an die Bedingungen anpassen können, mit denen wir es zu tun haben.
Beim Schwimmen im Schwimmbad zählt vor allem Performance, denn die Wettkampfbedingungen sind immer gleich, und so ist es auch während dem Training. Im Gegensatz zum Schwimmen im Schwimmbad ist das Langstreckenschwimmen im Freiwasser sowohl von der Leistung als auch den gegebenen Umständen abhängig. Daher halte ich es für unerlässlich, mental flexibel zu sein und auch durchhalten zu können (jeder, der sich auf diesen Sport einlässt, muss ein gewisses Durchhaltevermögen mitbringen!) und damit auch die Fähigkeit, sich an unterschiedliche Bedingungen anzupassen.
Ich rate dringend davon ab, allein im Freiwasser zu trainieren. Abgesehen davon, dass sich mit einem Trainingspartner die Leistung pushen lässt, ist es vor allem eine Frage der Sicherheit. Meiner Meinung nach sollte es nicht erlaubt sein, unter diesen Bedingungen alleine zu trainieren: Das Meer, ein See oder andere freie Gewässer können viele Gefahren bergen. Es ist daher immer eine gute Idee, in Gesellschaft zu sein – mit anderen Worten, mindestens einen Trainingspartner zu haben.
Im Sinne einer verbesserten Leistung ist es auf jeden Fall förderlich: Man spürt die Anstrengung nicht so stark, wenn man mit jemand anderem trainiert, und so kann man ein bisschen mehr geben, allein schon beim Sogschwimmen. Unter diesem Gesichtspunkt wirst du feststellen, dass es viel zu lernen gibt!
Das Training ist effektiver, weil Wettbewerbsbedingungen realer simuliert werden können. Aber abgesehen davon möchte ich noch einmal betonen, dass die Sicherheit in offenen Gewässern einer der wichtigsten Faktoren ist. Man sollte also unter keinen Umständen alleine schwimmen.
Es macht definitiv einen Unterschied, ob man in einem normalen Badeanzug oder einem Neoprenanzug schwimmt; ich würde sogar sagen, einen sehr großen. Jeder passt sich anders an diese Art von Schwimmanzug an. Um noch einmal auf das zurückzukommen, was wir vorhin gesagt haben: Wenn ein Schwimmer in der Lage ist, seinen Stil optimal an den Neoprenanzug anzupassen, kann ihm das einen Vorteil im Wettbewerb verschaffen.
Eine gute Möglichkeit, um das Schwimmen mit Neoprenanzug zu trainieren, ist, an den Schultern zu arbeiten, um Belastungen zu vermeiden, die durch den Neopren auftreten können: Denn, die Erholungsphase ist fast mühelos, wenn man einen normalen Badeanzug trägt, aber mit einem Neoprenanzug wird sie zu einem aktiven Teil des Schwimmzuges, da man den Widerstand, den der Neoprenanzug selbst erzeugt, überwinden muss. Die meiste Arbeit wird dabei von deinen Schultern geleistet, daher sollten diese ausreichend trainiert werden.
Mein Rat ist, es am Anfang langsam angehen zu lassen. Mit anderen Worten, fang langsam und geduldig an und steigere dann allmählich dein Training. Übertreibe es bei deiner ersten Session nicht. Stattdessen solltest du dein Training in der Form einer Pyramide gestalten, beginnend mit der Basis. Die Basis stellt dabei eine gute Technik und ein gutes allgemeines Training dar, welche es dir ermöglichen, dann spezifischere Anpassungen für das Langstreckenschwimmen vorzunehmen. Dazu gehört insbesondere, zuerst die Schwimmtechnik zu erlernen und dann das Schwimmen im Neoprenanzug, was, wie bereits erwähnt, nahezu eine andere Sportart ist!